1. GourmetBattle - 2019

Das erste Aufeinandertreffen der Kochclub Könige ... es herrscht absolute Ruhe in der Küche !

Menü No 165

 

Er kam doch noch mal, der Winter. Für unsere Verhältnisse, im nördlichen Ruhrgebiert sogar relativ heftig. Mind 2cm geschlossene Schneedecke. Morgens auf dem Weg zum Brötchen kaufen, hatte ich das Gefühl, alle Auto rutschen über die Straßen und durch die Kurven …. Naja, Schneephantasien halt ;-)


Das Telefon klingelte. Martin rief an: „Eh Udo, hast Du schon gesehen, dass wir erst im April wieder das nächste Kochevent mit den DeKuckies haben?“, kurze Pause… „Das ist doch Mist. Mir ist langweilig. Hast Du eine Idee?“


Essen! Wein! Ich eine Idee? … Natürlich hatte ich eine Idee.


„Martin, am nächsten Wochenende kochen Thorsten und ich. Komm doch dazu.“ – Und schon war die Idee zum ersten GourmetBattle der Extraklasse geboren. Seit 2001 kochen wir in der DeKuckies Gruppe. Seit 2001 stehe ich mit Martin regelmäßig am Herd. Martin kennt meine Küche mittlerweile fast besser als ich. In der DeKuckies Küchenbrigade spielt Martin abwechselnd den Sous Chef oder gleich den Chef de Cuisine.


Tja, und der andere Knabe – von mir liebevoll als der „Genuss-und-Koch-Held aus dem Pott“ tituliert, hat sich seinen Titel seit 2009 in unseren gemeinsamen Verkochungen und Weinihalationsabenden erarbeitet. Sein Talent: jede Menge aktive Geschmacksknospen in Mund und Nase. „Lecker“ ist sein 2ter Vorname. Und wenn irgendwo eine Pfanne, ein Grill oder eine Plancha in der Nähe ist – Thorsten ist nicht weit.


Und wie passe ich da rein? Ganz einfach, getreu dem Motto „et hät noch immer jut jejange“ schlängle ich mich durch Rezepte, Küchen, Kochevents, Weinproben und sonstige GourmetMomente. Wann immer eine der Damen am Ende eines hammer geilen 4 Gang Menüs fragt: „Sacht ma Jungs, war mal wieder sau lecker, aber was macht eigentlich der ausgelassene Speck in der Küche?“. Dann kennt man mich für den legendären Ausspruch: „Stell dich nit esu an - Et kütt wie et kütt“.


Auf gemeinsamen Feten ist man sich immer schon mal über den Weg gelaufen. Gemeinsam gekocht haben wir in der Dreierkombo allerdings noch nie.


„Martin, das Menü steht. Kannst kommen.“


Es stand an: Ein Carpacchio aus einer Beef Ausgabe von 2014, eine pan fried Dorade aus A Herrmann´s Geschmacksgeheimnisse, eine Abwandlung vom Meister der Bäckchen U Spitzmüller´s HighFoodality und ein Nachtisch von der Chefin des Hauses.


Wie üblich verdünnisierten sich die Damen wieder zum Shoppen und Sektlein Schlürfen in die Stadt. Endlich Ruhe!


Da nun 3 Virtuosen am Herd standen, hatten wir ja noch jede Menge Zeit. Also starteten wir mal gleich mit einer Weinprobe.

 

Land Weingut Wein Ausbau Jahr Preis Trinkreife Bewertung 2019 Udo´s
Weiß
Deutschland, Mosel Schloss Lieser, Thomas Haag Rieling SL Feinherb 2014 8,90 2017 - 2020 Feb 2019: Sofort nach dem Öffnen kommt eine intensive Zitrusnote in der Nase an. Steinobst, gemischt mit weissem Pfirsisch. Im Mund: zu Beginn überdeckt eine intensive Fehlnote den typischen Riesling Geschmack. Erst nach 4h im geöffneten Zustand ist die Störnote komplett verschwunden. Und dann kommt er doch noch, der volle Rieslingkörper. Mineralisch, frisch und lecker. Auch am nächsten Tag ist der Wein unverändert kraftvoll. 9,7
Deutschland, Mosel Molitor, Markus Kinheimer Rosenberg Riesling Kabinett  Goldene Kapsel fruchtsüß 2015 14,80 2016 - 2022 Feb 2019: Kristall klarer Riesling. Mineralisch. Enorme Frucht. Vollmundig. Pikant & fruchtig süß. Geiler Saft ! 9,6
Deutschland, Rheingau Kühn, Peter-Jakob Jacobus - Riesling Gutswein, tr 2015 10,50 2016 - 2020 Feb 2019: Volle der Holunderbusch. Geile Nase. Das könnte eine 9,5 werden. Leider kommt der Wein im Mund nicht ganz so intensiv rüber. Hinten heraus fällt er leider etwas ab. Die 8,7 steht. 8,7

 

Das Carpacchio hatten wir beim Metzger unseres Vertrauens gleich für 6 Personen in dünne Scheiben fertig aufschneiden lassen. Also mussten wir nur noch die Kapernäpfel frittieren, Zwiebeln schneiden und alle Gewürze zusammensortieren. Ratz-Fatz vorbereitet.


Kaum aufwendiger war der Fisch. Die 3 Doraden gesäubert und filetiert, sowie die Mandelmayonnaise fix im Thermomix zubereitet. Fertig.

 

Gut, der Hauptgang war jetzt echt aufwendig: Gemüse schnippeln, Bäckchen parieren und zusammen binden. Bäckchen anbraten und zur Abwechslung mal den Rotwein nicht trinken, sondern eine Pulle schön langsam einköcheln, Fond angießen und dann das ganze Fest ab in den Ofen. – Oh, schon haben wir 4 Stunden Zeit.

 

Die brauchen wir Gott-sei-Dank bei weitem nicht für die Zubereitung des Blumenkohl-Pürees, des eingelegten Blumenkohls, des Maronensamtsüppchens (ich werde noch zum Thermomixjunkie) und der ausgebackenen Baconscheiben.

 

Das Ganze ging irgendwie Ruck-Zuck und auffällig ruhig. Keine Fragen. Just-do-it.

 

Obwohl, da waren doch Fragen: “Was ist eigentlich mit dem Wein? – Mein Glas ist leer!“. Genau genommen ist das natürlich keine Frage, sondern ein Hilfeschrei. Und erstaunlicherweise konnte den jeder von uns gleich präzise interpretieren.

 

Land Weingut Wein Ausbau Jahr Preis Trinkreife Bewertung 2019 Udo´s
Rot
Spain - Ribera del Duero Aalto Aalto   2014 39,00 2016 - 2024 Gegründet vom ehemaligen Direktor der Vega Sicilia, startete das Weingut 1999 im hohem Anspruch. / Feb 2019: Tief dunkeles Rot. Direkt nach dem Öffnen die totale Präsenz in Mund und Nase. Jo.Beeren, Rauch, Speck. Die perfekte Mischung aus maskuliner Power und Frucht. 9,8
Italien - Venetien Cantina Valpolicella Negrar Nerioto - Amarone Valpolicella Amarone 2011 36,00 2015 - 2027 Feb 2019: Benötigt viel Zeit und luft. Aber dann kommt die pralle Schokonase, gepaart mit Schwarzkirsche. (s auch Rotweinliste) 9,6
France - Languedoc Chateau Puech-Haut La Closerie du Pic   2016 23,95 2019 - 2022 Feb 2019: Cuveé aus Syrah (35%) & Grenache (65%).Extrem dicht und tief dunkel Rot. Im Mund volle Backen: Aromatische Kraft, Schoko. Ähnlich maskulin wie der Aalto, leider sind die Beeren etwas zu zurückhaltend.  9,5
Spain - Navarra Artadi Santa Cruz de Artazu   2010 28,50 2014 - 2020  Feb 2019: Benötigt viel Zeit, dann kommt er so richtig stark. Beerenkompott zurückhaltend, Speck. Deutlich weniger Frucht als der Amarone Nerioto 2011 oder der Aalto 2014. Der Wein ist stabil und hat am 2ten Tag noch die volle Power. 9,5
Spain - Ribera del Duero Alejandro Fernandez Pesquera Crianza 2015 17,25 2019 - 2025 Feb 2019: A Fernandez ist bekannt für den klassischen Ausbau seiner Rotweine. Viel dunkle Frucht, dicht, kraftvoll, intensiv. Rauch. Zurückhaltende Beere. Maskulin. 9,2
France - St. Julien (Bordeaux) Chateau Gruaud-Larose Sarget de Chateau Gruaud-Larose   2005 25,00 2014 - 2020 Gruaud-Larose ist eines der wenigen Weingüter im Bordelaise, die sich nicht der Parkermania beugen. Man produziert weichere und filigranere Weine. Der Zweitwein Sarget wird in der Presse hoch gelobt und ist preislich einigermaßen attraktiv (abh vom Jahrgang). Der Wein riecht und schmeckt sehr lecker. Leider ist er ein wenig zu dünn (der professionelle Weintester würde es zurückhaltend nennen). Auch ist er im Vgl zu anderen Weinen dieser Preisklasse zu wenig filigran. Da sind wir andere Standards gewöhnt. Man liest über den Wein: "2ème Cru mit enormem Kultstatus"… Das halte ich für leicht übertrieben. Auch ohne den Parker Einfluß sind die Preise der versch Jahrgänge nicht marktüblich. Sie schwanken zw 30 und 160€ p Flasche. Das macht es f d Kuden nicht unbedingt attraktiver (und muss auch nicht sein. Das zeigen zB die meisten deutschen Winzer, die auch in Jahren geringer Ausbeute die Preise einigermassen stabil halten). Doch jetzt zur aktuellen Verkostung parallel zum Menü - Feb 2019: Die letzte Flasche aus meinem Keller. Im Netz ist der 2005er aktuell für 45€ verfügbar. In der Nase intensive Beerennase. Weinger Kompottnoten, mehr frisches Obst. Erstaunlich nach der langen Zeit. Im Mund: Schade, leider flach. Kaum Power. Auch nach mehrere Stunden an der Luft kam da nicht mehr Spass in´s Glas.
7,0

 

So hatten wir bis zum perfekten Garpunkt der Bäckchen jede Menge Zeit die Weißen und dann die Roten gegeneinander zu testen und auszuspielen, bis wir in unserer meditativen Ruhe jäh unterbrochen wurden.


Es war das unglaublich erschreckende Klingeln unserer netten Nachbarin aus dem Ost´er Club. Das Gladiatorenkochen hatte sich auf unserer Straße herumgesprochen. Sie stand mit einer kleinen Stärkung vor der Türe: Frisch gebackenes Brot von Recklinghausen´s berühmtester Bäckerei Küper. Bekannt aus Funk und Fernsehen kamen wir zwischen Fisch filettieren und Maronenschaumsüppchen in den Genuss von frischer Pfefferkruste. Man ist das Leben schön ;-)


„Thorsten kommst Du bitte zurück in die Küche, Du sollst nicht das ganze Brot alleine aufessen“.


Sagte ich schon, dass das Brot noch besser schmeckt, wenn man sich auf eine fette Scheibe noch viel fetter selbstgemachten Datteldip schmiert. Wo der jetzt so plötzlich herkam? Den hatte die Chefin des Hauses mal eben zwischendurch getheromixt. War eigentlich als Beilage zum Essen gedacht. Aber auf dem Brot ….. Boah ist das geil. „Thorsten, die andern wollen auch noch was von dem Dip…“


Und Martin? Der schlawinerte zwischen den bereits fertig gebackenen Baconchips, dem eingelegten Blumenkohl, und dem Maronenschaumsüppchen hin und her. Und immer wenn ich Thorsten erfolgreich vom Brot weggelockt hatte, steckte plötzlich Martin´s Messer im Datteldip … und nicht etwa um ihn wieder optisch hübsch glatt zu streichen.

Ich habe wie immer natürlich fast nix genascht. Schließlich musste ich dafür sorgen, dass zum eigentlichen Menü noch alles in ausreichender Menge verfügbar war. Arbeit genug ;-))


Irgendwann, so gegen 19Uhr, haben wir dann doch noch mit dem gemeinsamen Menü begonnen.


Das dieser Abend, mit diesem kinderleichten Menü, zubereitet durch 3 phantastische Hobbyköche, dann doch erst gegen 23U mit der Nachspeise durch war, hatte absolut nichts damit zu tun, dass wir getrödelt hätten, dass wir uns verkalkuliert hätten, oder schlimmer – dass wir nicht wussten was wir taten. Es lag ausschließlich an der Weinprobe, die wir mit aller Ernsthaftigkeit durchführen mussten. Da kann man schon mal eine Kalbsbacke im Ofen vergessen. Ob die aber jetzt 4 oder 5h gart, das ist in diesem Falle ja sogar vorteilhafter…


Der Eine oder Andere mag bei dem Thema „Backe im Ofen vergessen“ schmunzeln… Ich möchte darauf hier aber nicht näher eingehen. Das ist eine andere Geschichte aus einer andern Galaxie.


Am Ende war es ein gelungener Abend: Wir drei hatten viel Spaß und geschmeckt hat´s am Ende auch.


Mal schauen, wann wir das 2. GourmetBattle abhalten….