Baskisches
GourmetWochenende – April
2023
Mit seinen 40 ausgezeichneten Gourmet Tempeln ist das Baskenland schon seit langem die Region mit der höchsten Dichte an
Sterne Restaurants. Guter Geschmack ist hier Tradition und mittlerweile sicherlich ein Ansporn für alle ansässigen Gastronomen ihr Bestes zu geben ... auch ohne Stern ... schließlich lockt die
Region Gourmetenthusiasten aus aller Welt an.
Dabei ist die Kultur hier geprägt durch Bodenständigkeit, enorme Gastfreundschaft und den Antrieb diesen einmaligen Lifestyle weiter zu kultivieren.
Wir sind zum wiederholten Male hier um uns ganz dem Genuss hinzugeben. Nothing else matters!!
Zur lokalen Kultur gehört auch der Txakoli, der baskische Bauernwein, den wir seit letztem Jahr Malle und der ProWein 2023 auf dem Radar haben. Der weiße Txakoli wird aus der autochthonen Rebsorte Hondarribi Zuri hergestellt. Den roten Txakoli aus Hondarribi Beltza haben wir uns dieses Mal (noch) nicht vorgeknöpft.
Das Anbaugebiet zwischen Bilbao uns San Sebastian heißt Txakoli oder Txakolina mit den wichtigsten Unterregionen Bizkaiako um Bilbao, Getariako um San Sebastian und Arabako südlich von
Bilbao.
Den Unterschied der Weine aus der Region um Bilbao und San Sebastian werden wir in den folgenden Tagen "ertrinken".
Einchecken und ab geht's auf die Plaza Nueva, was sonst 🤣🍷🍤.
Unser Hotel liegt mit schlappen 50m Fußweg strategisch günstig zur Plaza Nueva ... der Weltzentrale spanischer Tapas Kultur.
Martin und ich bummeln unter den Laubengängen von einem Laden zum nächsten und versorgen die Damen und uns mit Tapas. Angefangen vom besten Schinken Verkäufer am Platze, über die Bar Zuga,
dem La
Olla und natürlich vom Tapas Super Star Victor Montes.
Nach weniger als 15min sind wir abgetaucht in die Tiefen der baskisch, spanischen Lebenskultur ... laissez faire ... im bunten Treiben der lokalen Einwohnerschaft ...
Wir bleiben am Ende im La Olla und genießen Tapas und ein paar Vorspeisen. Dazu starten wir mit einem Amaren Crianza 2019 (EK 15)(vielschichtig, dunkelbeerig, würzig) und enden mit der Empfehlung des Hauses. Der Pierola Crianza 2019 (EK 10€)(dunkelbeerig, Tabak, Trinkfluss) ist tatsächlich ein schöner mittel gehaltvoller, süffiger Rioja. Etwas leichter als der Amaren. Beide 9,2.
Natürlich werden wir von Stammgästen beobachtet und erhalten sogleich eine Weinempfehlung für das nächste Mal: Wir werden den Cueva de Lobos von Javier San Pedro Ortega zu Hause testen müssen 😂😂
Ein perfekter erster Abend. Jetzt Tiefschlaf. Pronto.
Gut gestärkt starten wir unsere Radtour durch Innenstadt und Outskirts der
Stadt. Wir buchen bei Tourne Bilbao und werden durch einen netten Local Guide geführt. Sehr
entspannt radeln wir 3 Stunden durch die Stadt und hinter die Kulissen der gängigen Reiseführer. Bei schönstem Wetter bekommen wir alle View Spots außerhalb des Innenstadtkern zu sehen ...
großartig!
Nachdem ich mal wieder mehrere Filme verschossen habe landen wir nach der Radtour wieder - natürlich - auf der Plaza Nueva.
Wir nehmen zum Mittag wieder Platz in der Sonne vor dem La Olla.
Das Menü an sich war ok, hatte aber seine Schmerzpunkte bei der einen oder anderen baskischen Spezialität. Während Sabine und Martin im Filet vom heißen Stein schwelgten „müssen“ Kerstin und ich
Bacalau auf baskisch essen.
Diesen Bacalau würde ich gelinde
gesagt als anders bezeichnen 🤢. Liebevoll abgedeckt in geschmacksneutraler heller Gravy war dieser Gang für unsere Geschmacksknospen tatsächlich eher eine
Zumutung als alles andere. Wie sich herausstellt hatten wir ein baskisches Nationalgericht auf dem Teller ... na ja.
Und zum Nachtisch ging es merkwürdig weiter:
"Bacalau" Käsekuchen auch eine Spezialität aus dem Baskenland 🤪 ... wir sind uns nicht sicher. Tatsächlich gehen wir davon aus, dass man in der Küche Zucker und Maggigewürzpulver o.ä.
verwechselt hat. Geschmacklich so ungewöhnlich, dass wir freiwillig verzichten.
Die Weine konnten uns allerdings versöhnen. Baskisches Weißwein Temperament:
Gorka Izagirre, G22, 2020 (EK 15€).
Der weiße Txakoli wird zu 100% aus der autochthonen Rebsorte Hondarribi Zuri gekeltert und ist ein Gewächs der Region Bizkaiako. Die Reben sind bis zu 15 Jahre alt. Birne, Grapefruit, dazu ein
Touch Hefe. Frisch herb. Perfekt zum Mittagsmenü. 9,2.
Txakoli Ameztoi, White Txakoli, 2021 (EK 10€).
Von der kitschig grünen Flasche lassen wir uns nicht abschrecken lassen. Es zählen wie immer die inneren Werte. Der Wein aus der Region Getariako wird aus einem Spezialkorken eingeschenkt, der
dem Wein auf seinem Weg ins Glas noch mal zusätzlich einen Luftschock versetzt. Und so musiert er zu Beginn leicht. Er wirkt frisch und süffig. Auch er ist zu 100% aus der Hondarribi Zuri
gekeltert. Er ist Trocken und mit seiner dezent herben Note wirkt er sehr trinkig. Etwas grüner 🍏 und am Gaumen fast schon so
etwas wie eine leichte Schärfe. Sehr spannend. Für uns ein reiner Essensbegleiter. Aber unbedingt ein 🍷 der zu einem passenden Gang
auch in einem Restaurant gehobener Küche serviert werden kann. 9,0.
Wir machen uns für den Abend frisch und freuen uns auf unser nächstes Highlight.
Das Victor Montes wartet auf uns. Wir haben einen Tisch im hinteren Teil des kleinen Restaurants mit Blick auf das Entre mit seiner Tapasbar, sowie der endlosen Zahl an Weinkühlschränken und Digestivflaschen die hier als Deko zwischen dem spanischen Mobiliar und den bemalten Decken stehen. Wir tauchen ab in unsere nächste kulinarische Reise.
Nach unserem etwas unglücklichen Mittagsmenü werden wir diesen Abend mehr als versöhnt. Das Rindercarpaccio mit Sardellen & das baskische Lamm - slow cooked - sind ein Traum.
Und dazu träumen wir mit Weinen aus dem Toro und dem Rioja.
Numanthia, 2017 (50€).
Das vollreife Powerpack aus dem Toro gleitet förmlich auf seinem Gewand aromatischer Geschmacksvielfalt über unsere Knospen. Top ausgewogener Mix aus Beeren, Kräutern und Maskulinität. Ein Wein
ohne viele Worte. 9,9.
Unsere 2t Wahl der Roda 1 vom gleichnamigen Weingut war leider aus. Aus der schier unendlichen Auswahl aller spanischen Gewächse greifen wir dann zum El Puntido 2019 (EK 40€) von der Sierra Cantabria. Nicht ganz so dicht und ausdrucksstark wie der Numanthia. Aber auch er ein Genusshit. 9,5
Wir schieben unsere glücklichen aber vollen Bäuche am Flussufer entlang bis zum Guggenheim und zurück. Verdauungsspaziergang. Es war der perfekte Abend ... geschmacklich und weintechnisch. Sehr
schön !! 🤤🫠👌.
Wir machen uns auf den Weg der Küstenlinie folgend Richtung San Sebastian, der nächsten kulinarischen Hochburg. Wir verlassen Bilbao über Getxo und legen unseren ersten Zwischenstopp am pittoresken Felsen von Gaztelugatxe ein. Die schroffe Küstenlinie war Drehort von Games of Thrones und wir fühlen uns schon alleine wegen der Mischung aus Nebel, Sonne, fechten Straßen versetzt in die Fabelwelt a La Hollywood und seinen „Dragon Stone“.
Wir halten dann erst wieder zum Lunch in Bermeo.
Auf dem Weg dahin haben wir gefühlt an mind. 300 View Points Halt gemacht und die
Aussicht auf das 🌊 genossen. Wir können uns an dem Anblick der Schwarzwaldhäuser mit Meerblick, den braunen Kühen auf den satten Weiden und den
Buchten von Game of Thrones einfach nicht satt sehen. Wir fragen uns ob die Kühe sich ihre privilegierten Lage ggü den Kollegen in den Alpen bewusst sind. Hier gibt's „Alpenveilchen Flair“ mit
Meerblick!
In Bermeo tobt das Leben und wir finden fast keinen Parkplatz. Folklore überall und die Straßen sind dicht. Wir ergattern mit ein bißchen Geduld einen Sitzplatz in Reihe Eins am Hafen und
genießen unsere nächste Runde Tapas ... mittlerweile ganz selbstverständlich mit dem zugehörigen Glas Txakoli. Wir merken nicht wie die Zeit vergeht.
Ups, jetzt aber los, unsere Pintxo Tour soll natürlich nicht ohne uns starten. Pintxo´s? Das ist die baskische Übersetzung der in ganz Spanien bekannten Tapas.
Wir erreichen San Sebastian und unseren Treffpunkt zur Pintxo Tour pünktlich um 18 Uhr. In den nächsten 3 Stunden erfahren wir alles über San Sebastian und die Pintxo Kultur des Landes. Und das
Beste ist, wir kehren in 6 verschiedene Bars ein, in die wir allesamt ohne Guide vermutlich nicht eingekehrt wären.
Unser local Guide wohnt in der Altstadt von San Sebastian und wird in allen Bars freundlich begrüßt. So kommen wir in den ganz speziellen Genuss der 6 most favourit Pintxo´s unseres Tour Guide.
Pintxo´s, die - wie wir im Verlaufe der Tour feststellen - zT nicht in den Auslagen der Theken zu finden sind.
Es geht los mit einem Stopp bei einem reinen Serano Iberico Geschäft und einer Verkostung unterschiedlich lang gereifter Iberico Schinken. Spannender Auftakt mit verschiedenen Qualitätsstufen des Iberico Schinken.
Von außen unscheinbar und optisch schon sehr ursprünglich, treten wir ein in einen langen und schmalen Gastraum der nur aus einer Theke besteht und gerammelt voll ist.
Auffällig sind die traditionell gefliesten Wände und eine Edelstahlabfallrinne unter der Theke. So lässt man die Muschelschalen einfach unter sich in die Rinne fallen. Wir sind die einzigen Touris und bekommen großartige Muscheln in versch. Varianten zu verkosten. Hammer lecker! Unser Favorit: in gedünsteten Zwiebeln und Essig eingelegte Muscheln. Ein Traum.
Weiter geht's in die Casa Urola
Unseren besten Txakoli der Baskenreise bekommen wir durch unseren Guide in der Casa
Urola serviert.
Txomin Etxaniz, Txakoli, 2022 (11€).
Wieder ein 🍷 aus der unaussprechlichen Traube Hondarribi Zuri. Frisch, geschmeidig, ausgewogen. Mit seinen Zitrusaromen, seinem
🍏, seiner enormen
Mineralität und Salzigkeit wirkt er deutlich frischer als ein Riesling. Zu Beginn leichtes angenehmes sparkling. Der Wein erzeugt maximalen Trinkfluss und begeistert zu allen Gerichten der
baskischen Küche. Wir sind positiv überrascht. Dieser Txakoli ist ein unbedingter Nachkauf. 9,5
Die Txakoli aus San Sebastian wachsen direkt am Wasser und erleben dadurch deutlich mehr Wind als ihre Kollegen im Hinterland von Bilbao. Das Rebgut wächst dadurch deutlich trockenerer auf. Die
Txakoli aus der Region San Sebastian (Txomin Etxaniz, Txakoli und Txakoli Ameztoi, White Txakoli) sind zitrusfrisch und die Txakoli aus Bilbao (Gorka Izagirre, G22 und Bat
Gara) eher würzig dominieret. Spannende Geschmacksvielfalt auf so kleinem Raum.
Wir sind begeistert über die Jakobsmuschel im Mandel-Parmesan-Pesto an frittiertem Spinat. Und der Txakoli passt perfekt ! Wir reservieren einen Tisch für den nächsten Abend.
Anschließend geht's weiter in die Bar Sport auf der Fermin Calbeton Kalea.
Die Empfehlung hier ist kurz gebratene Leberpastete mit einem Glas Txakoli ..... wir schmelzen dahin.
Als nächstes geht's ins Sirimiri Gastroleku mit seinen in grün gehaltenen Wänden und grün dominierten blumigen Tapeten. Wir genießen die
Spezialität des Hauses: Slow cooked 🐂-bäckchen und ein unglaublich leckeres Pilz Risotto.
Passend zu einem Menü fehlt jetzt noch der Nachtisch. Und so endet unsere Tapa Tour
im Itxaropena 1910 in der Straße mit dem unaussprechlichen Namen
Enbeltran Kalea.
Wir schließen ab mit Baskischem in Honig eingelegten Kuchen. Sehr süß, sehr kalorisch.
Unser Guide verabschiedet sich von uns und wir verweilen noch ein wenig im Itxaropena und nehmen als Absacker jetzt endlich mal einen Rotwein.
Wir nehmen an einem der kleinen Stehtische vor der Bar platz und lassen die tolle Tour bei einem Glas Vina Ardanza Reserva 2016 (EK 25€) der La Rioja Alta Revue passieren.
Regen ist zu 50% Bestandteil des Lebens der Basken. Blöd? Wie man es nimmt. Dadurch wird das Baskenland vermutlich nie Ziel des Massentourismus werden.
Und so fahren wir kurzerhand an die französische Grenze. Wir verbringen den Vormittag im Grenzort Hondarribia, einem wunderbaren pittoresken, bunten Grenzdorf mit enorm vielen
Restaurants. Auch hier ist die Konzentration an Michelin Sternen innerhalb der baskischen Region enorm hoch und vermutlich auch oder insbesondere wegen selbigen eine Reise wert.
Mittags kehren wir jedoch im Ganbara in der Altstadt von San Sebastian ein. Auch eine Empfehlung unseres Tour Guides. Wir sitzen im Keller und bekommen von dem schlechten Wetter draußen nichts mit.
Und wieder spüren wir diese außergewöhnliche Gastfreundschaft und genießen ein kleines Menü begleitet wieder durch unseren Lieblings Txakoli. Die sensationelle Qualität des Restaurants spiegelt sich in einer Sonne🌞 im Guia Repsol wieder.
Wegen des Regen☔️ haben wir die Radtour durch
San Sebastian abgesagt und nutzen die Zeit für eine Autotour auf den Monte Igueldo.
Auf dem Berg befindet sich ein Vergnügungspark aus den 60ern ... uns kommt es vor wie
in einem großen Kirmesmuseum. Seine besten Zeiten hat er hinter sich und eignet sich maximal zur Kleinkindbespassung. Für uns eignet er sich den unglaublichen Blick über die Bucht von San
Sebastian zu genießen.
Erschrocken fasziniert sind wir vom Rollercoaster, der direkt über dem Abgrund des Monte Igueldo rast und seinen Fahrgästen den schwindelerregenden Blick über die Bucht von San Sebastian
beschert. Bei dem Blick auf das doch schon sehr betagte Gefährt wird uns allerdings auch ohne dass wir mit dem Ding fahren mulmig.
Wir entspannen noch ein wenig und bereiten uns auf den Abschlussabend vor, den wir in
der Casa Urola – unserer Station No 3 unserer Tapa Tour - verbringen werden. Das
Restaurant hat sich auf den Weg gemacht die No 41 der im Baskenland gelisteten Michelin Stern Träger zu werden. Und so ergattern wir den letzten verfügbaren Tisch für diesem Abend.
Und es wurde dann auch tatsächlich ein total abgefahrener Abend:
Service: herausragend freundlich und den Gast einbindend, fast schon familiär. Wir bestellen das Tapa von unserer Tour und erfahren, dass die Jakobsmuscheln im Mandel-Parmesam-Pesto an
frittiertem Spinat leider aus sind. Mist. Und dann bekommen wir unsere Wunschvorspeise dann doch völlig unerwartet serviert. Sau Cool!!!
Qualität: ohne Worte! Wir bestellen 2 verschiedene Vorspeisen und 3 verschieden Hauptgänge. Dazu die Wunsch Jakobsmuschel und einen Nachtisch. Alle Gänge waren abgefahren 😋!!
Weine: das Sortiment lässt keine Wünsche übrig und bietet so ziemlich alles was an edlen Tropfen spanischer Vinifizierkunst verfügbar ist. Wir begeben uns auf eine Weinprobe mit 3 Highlights
spanischer Weinkunst: La Horra, Vega Sicilia und Muga.
Genussmoment: es war ein herausragender Abend der nicht enden sollte. Vom Moment wo
wir den Gastraum betreten bis zur letzten Minute in der wir den geschlossenen Laden durch die Back Door verlassen war es Genuss Pur. Danke Casa Urola!
Wir philosophieren kurz welcher Abend nun der perfektere war, der im Victor Montes in Bilbao oder der heute Abend in der Casa Urola. Beide Abende waren herausragend und doch waren
die Erlebnisse so unterschiedlich. Man sollte immer unbedingt beides machen 🤣🤣🤣
Und das mit dem Michelin Stern - also wir würden ihn vergeben ! 🤣🤣🤣
Genusstechnisch hätte der 2 Städte Trip nicht besser verlaufen können. Das Baskenland
kommt seinem Image als Genusshochburg nach. Allerdings eine Genuss Hochburg in der Gastfreundschaft Teil des Genusses ist. Dass das Baskenland eine 50%ige Regenwahrscheinlichkeit mit sich bringt
haben auch wir gemerkt ... war aber bei unserem Genussfokus schon fast eine Randerscheinung.
Bis man sich allerdings an die Sprache gewöhnt dauert es. Das baskische formt seine Sprache praktisch ausschließlich x, z, y und u, e und k.
Tx und tz gehört zu den beliebtesten Kombinationen baskischer Wortschöpfung.
Als alter GourmetEnthusiast werde ich mich nun doch auch umtaufen lassen auf
Udoxi zuri 🤣