Bike, Boat, Bib Gourmand

 Das verlängerte Wochenende nähert sich und unser Sohn kommt mit der alles entscheidenden Frage: “Habt ihr Karten für die Oper?”. Meine Frau schaut etwas irritiert und antwortet: “Keine Zeit, wir müssen doch ständig essen und in Weinbars !!”. Und damit war das Motto der Städtetour nach Kopenhagen gesetzt. Wir entschließen uns zu der Reise nicht nur wegen der Schönheit der Stadt, sondern insb. auch wegen der hohen Dichte an Gourmet Restaurants. Bib Gourmand – unser neuer Freund – empfiehlt da jede Menge Places.

 

Tag 1: Late Arrival at the Hotel.


Wir erreichen unser Hotel am späten Nachmittag. Umziehen und schnell los, damit wir noch was in unsere Mägen bekommen. Wir fühlen uns vollkommen ausgehungert und sind froh, dass wir endlich in der Stadt des Genusses angekommen sind. Wir sind spät dran, erreichen das Marv & Ben erst gegen 21U und hoffen, dass wir zu so später Stunde noch einen Tisch bekommen. Wir haben Glück. Unsere kurze Wartezeit verbringen wir im Eingangsbereich und genießen das kurzweilige Showprogramm der Crew in der Küche. So in Stimmung versetzt verbringen wir einen grandiosen Genussabend.
Wir entscheiden uns für das “Fast Four” Menü. Was für ein Feuerwerk der Aromen gleich am ersten Abend. Wir sind so begeistert, dass wir uns heute nicht vorstellen können, wie sich dieses Geschmackserlebnis noch toppen lässt. Die Weine sind so auf die Gänge abgestimmt, dass sie jeden Gang in seiner Geschmacksvielfalt noch verstärken. Eine präzise aufeinander abgestimmte Kombination von fest und flüssig macht den Abend zu einer perfekten Show.

Regis & Sylvain, L’Huître Muscadet, Sevre et Maine Sur Lie, 2022 (Loire; 23€).
Dieser Muscadet (Melon de Bourgogne) gedeiht auf Lehm und Sand. Um dem Muscadet mehr Aromatik und Struktur zu verleihen wird er auf der Hefe (sur Lie) ausgebaut. Das ist perfekt gelungen. Frischer Muscadet, mit Aromen von Apfel und Pfirsich. Salzig, frisch, zu gleich schmelzig und überraschend voluminös. Der Wein passt perfekt zu unseren Scallops. 9,4.

 

Il Mortelitto, Cala Inacu, 2023 (Sizilien; 14€).
Ein Weißwein aus den sizilianischen Reben Grillo und Catarratto. Extrem saftig, voller Zitrusaromen, salzig und frisch. Wieder ein Volltreffer zur geräucherten Makrele versteckt unter einem Kartoffelschaum. 9,5.

Domaine René Rostaing, Puech Noble, 2012 (Languedoc; 22€).
Nette, leichte Cuvée aus Syrah und Mourvèdre. Passt perfekt zur gefüllten Wachtelbrust mit schwarzem Knoblauch und Grillgemüse. 9,2.

 

Markus Molitor, Haus Klosterberg, Spätlese, 2012 (Mosel, 20€).
Das ein restsüß ausgebauter Molitor mal ein Kontrastprogramm zum süß dominierten Nachtisch ist, freut uns. Auch der Riesling als letzter Wein passt perfekt zum Menü. In diesem Fall zum Blaubeer-Chanterelle (Pfifferling) mit Zitronenthymian. 9,7.


Was für ein furioser Auftakt ... wir schlendern durch die kühle Nacht Kopenhagens zurück zum Hotel.

 

Tag 2: Radtour & Torvehallerne & Bobe


Wir starten mit einer 3-stündigen Radtour durch das schöne und sonnige Kopenhagen und sind froh, dass wir uns nach der Flucht aus dem feuchten Deutschland hier ganz ohne Jacken bewegen können. An der Zusammensetzung der Gruppe erkennt man, daß Kopenhagen ein globaler Touristen Hot Spot ist. Bei den aktuellen Temperaturen bietet die Stadt mit seiner exponierten Lage am Meer fast südeuropäisches Flair, wobei die Architektur beeindruckend nordisch schön ist. 

Endlich Mittag. Wir stoppen an der Torvehallerne. Bei Hallernes Smörrebröd gönnen wir uns eine vollwertige Mahlzeit auf einer Scheibe Brot. Die Smörrebröd sind mit Leckereien so hoch gestapelt, dass man Gefahr läuft sich eine Maulsperre einzufangen. Auf jeden Fall ist die Auswahl an belegten Broten riesig und geschmacklich sind sie grandios. Wir müssen wieder kommen.

 

Nach der Radtour geht's mit der Fähre zum Chillen und Mittagessen rüber nach Reffen. Kopenhagens Street Food Plaza auf einem ausrangierten Hafengelände ist morbide, stylisch und jung.
Direkt am Fähranleger entdecken wir die moderne Studentenbude 2.0. Urban Rigger unterhält hier Moderne Wohnblocks aus umgebauten Überseecontainer. Wohnen auf dem Wasser in gestapelten Containern und Freestyle Innenhöfen. Grill oder Surfbrett inclusive. So lässt es sich auch im hohen Norden nett studieren.

Wir genießen die Mittagssonne und kehren am späten Nachmittag mit der Fähre zurück zum Hotel. Kurz ausruhen, erfrischen und los geht's in die Innenstadt zum Bobe, unserem 2ten Bib Gourmand Place auf unserer Reise.
Wir sitzen in einem lebhaften, modernen Restaurant mit einer ausgesprochen guten Weinkarte. Das honorierte Star Wine List auch just mit einer Silber Medaille.
Zum 7-Gang Überraschungsmenü wählen wir einen weißen aus dem Jura. Das Jura erlebt in der Weinpresse gerade einen journalistischen Hype und so sind wir gespannt auf den Tropfen.

Domaine des Carlines, La Vouivre, 2020 (Jura, 29€).
Die Cuvée aus Chardonnay und Savagnin wird oxidativ ausgebaute und ist wunderbar frischer und cremig. dominiert. Dazu angenehme Salzigkeit (Salzmandeln). Hoher Trinkfluss. 9,7.


Dieser Wein macht Lust auf eine zweite Falsche an diesem Abend und Lust auf mehr aus dem Jura.

 

 

Und das 7-Gang Überraschungsmenü an diesem Abend überrascht insbesondere mit ungewöhnlichen Kombinationen.
1 Austern im Saft aus grünen Erdbeeren.
2 Gegrillte Feige unter einem Hibiskus Blatt.
3 Avocado gefüllt mit Mandelmousse, garniert mit Mandeln und scharfem Curry.
4 Roher Lachs mit im Rauch gegrillter Haut und Harissa Creme.
5 Eine Pfanne mit Spinat, Stachelbeeren, gerösteten Walnüssen, Dill, grünen milden Chiliringen und Parmesan. Alle Zutaten werden dazu bei niedriger Temperatur nur kurz in Olivenöl geschwenkt, so dass der Spinat seine Form stabil behält. Sofort auf die Teller geben und mit Parmesanbrösel bestreuen. - Grandios !
6 Schweinebäckchen, SV gegart, geröstet, mit schwarzer Sojasauce lackiert. Dazu rote Beete und Olivenöl.
7 Creme aus Ziegenjoghurt mit schwedischen Blaubeeren. Smoked.


Unsere Highlights am heutigen Abstand waren neben dem Wein die Gänge 5 und 6. Beide absolut herausragend. Ansonsten will man bei Bobe aus unserer G.E. Sicht insgesamt etwas zu viel, und verliert sich bei den anderen Gängen etwas im Shishi.

 

Tag 3: Hafen & Boot & Norrlyst


Nach dem Frühstück fahren wir mit Leihrädern vom Hotel durch die Stadt und schlendern durch das pittoreske Hafenviertel Nyhavn, teurer Aperol inclusive. Anschließend, also gegen 13U, nehmen wir unser Boot in Empfang. Schnell noch ein paar Smörrebröd gekauft und los gehts auf eine 3-stündige Tour über Kopenhagens Kanäle. Kopenhagen ist vom Wasser aus genauso entspannt wie von Land ... na ja mit ein paar Sandwich und einer Flache Elena Walch ist es auf dem Boot dann eigentlich noch entspannter.

Unser Wellness Tag setzt sich bei einem Glas Cava im Bootshaus Christianshavns fort.

 

So in Stimmung versetzt sind wir bereit für unser letztes Dinner in Bib Gourmand No 3. Wir fahren zum Norrlyst in der Innenstadt. Bio zieht sich durch das Konzept des Restaurants. Incl der Weinauswahl, die komplett auf biologisch ausgebaute Weine setzt.


1

Wir starten mit Beef Tartar, Kartoffelpuffer, dänischem Kimchi, Limetten- und Jalapeno-Mayonnaise.

M Chapoutier, Rhone, Rouge Clair, 2023 (10€).
Knackig, frischer und leichter Rotwein gekeltert aus Grenache und Syrah. Dezenter Rosenduft in der Nase, Himbeeren im Mund. Schöner Sommerwein. 9,2.

2

Weiter gehts mit gebratener Jakobsmuschel, gerösteter Fischbrühe, Süßkartoffelpüree, Gurke und Kräuteröl. Den Fisch begleitet eine angenehm dezente Schärfe.

Passione Natura, Abruzzo, Vino Bianco (14€).
Chardonnay, ausgebaut nur im Stahl macht den Wein extrem hell, fast farblos. Sehr leichter, an Granny Smith erinnernder Weißwein. 9,0.

Beide Gänge werden durch eine leichte Schärfe begleitet, die es den Weinaromen leider schwer macht zur Geltung zu kommen. Schade.


3

Der herausragende Fischgang wird durch einen S.B. begleitet:

Les Vignobles Gayrel, Cotes du Tarn, Ete, Sauvignon Blanc, 2022 (11,5€).
Ungewöhnlicher S.B. In Mund und Nase extrem dezent. Die typischen SB-Noten (Zitronenschale, Thymian, Apfel) sind kaum wahrnehmbar. No Mainstream but also No Stand Alone. 8,7.

4
Menade, Sauvignon Blanc, Dulce, 2023 (10€ 0,5l; Castilla Leon)
Das Dessert steht ganz im Zeichen der Holunderblüte. Wir finden diese im leichten Dessert Wein und im Dessert selbst. 9,2.


Insgesamt wieder ein gelungener Abend auch wenn die Weinbegleitung nicht so ganz harmonierte.

 

Tag 4: Christiania & Schlachterviertel


Nach dem Frühstück schnappen wir uns 4 Donkey Bikes und fahren in den Freistaat Christiania. Eintritt ohne Perso.
Kiffen, Hanfanbau, Kunst als Fassade zum Nichtstun. Abgerenzt, aber nicht so ganz...Der Tourist bringt ein wenig Geld. Wir verlassen diesen komischen Ort und fahren mit unseren Donkey Bikes zurück ans Wasser.

 

Ein letztes Glas Auxxerois vom Weingut Fend und unserer Blicke schweifen über die Bucht zum pittoresken Soho House und die Fassaden von Copenhagen.

Gegen Mittag machen wir uns auf den Weg ins Schlachterviertel und wollen in der Fiskebar Kodbyens ein letztes Mal schlemmen. Leider befindet sich direkt vor dem Lokal eine Großbaustelle. Gut, dann habe wir den nächsten Grund wieder zu kommen. Schließlich besteht das weitläufige Schlachterviertel praktisch nur aus Restaurants & Bars.

 

Da wir allerdings unbedingt noch Kopenhagens Käsekuchen No 1 testen wollen, geht's dann gleich weiter zum Bertels Salon. Wir bestätigen!

 

 

Kopenhagen die Stadt der Biker mit kompletter Biker-Infrastruktur incl separaten Abbiegerspuren für Biker und gewöhnungsbedürftigen Handzeichen ist auf jeden Fall eine Reise wert. Als Tourist hält man sich auf den Radwegen am besten rechts, um des geschäftigen Locals beim Überholmanöver nicht im Weg zu stehen.

Wir fahren trödeln auf der rechten Spur rum und ich lasse die letzten Tage vor meinen Augen Revue passieren. Für Kulinariker ist Copenhagen auf jeden Fall ein Muss !

 

Die Temperaturen Anfang Sept sind hier oben wie in Spanien im Hochsommer. So fühlt sich Copenhagen ein wenig an wie das Bilbao des Nordens.

 

Mit der Bahn gehts zurück zum Lufthaven.

 

Farvel København!