Olympia meets Can Axartell – Aug 2024
Olympia 2024 in Paris läuft. Deutschland rangiert im Medaillenspiegel wie immer unter 'ferner liefen'. Und doch ist das Olympia-Fieber bei einigen in Deutschland ausgebrochen. Liegt es am Sommerloch? Nicht nur. Die deutsche Basketball Nationalmannschaft schlägt sich tatsächlich ganz gut und hat heute Abend gegen Frankreich das Finale nur knapp verpasst.
Der Sommer ist warm, wir sitzen auf der Terrasse und bereiten uns auf unsere traditionelle Malle-Tour vor, der in Kürze ansteht. Dazu gehört an diesem Abend
das Weingut Can Axartell.
Das Weingut ist im Besitz der Schwarzkopf Familie und erzeugt hier seit 1977 Weine aus autochthonen und internationalen Rebsorten. Can Axartell liegt in der Nähe
von Pollença, einer traditionell eher ungewöhnlichen Region für den Weinanbau auf Mallorca.
Unser Erstkontakt mit dem Wein geht zurück auf das Jahr 2017. In einer unserer frühen Malle Wein Sessions belegte Can Axartell nur den vorletzten Platz. 7 Jahre später ist es Zeit für eine zweite Chance.
Die Bodega ist in den Berg gebaut: Das Johner-Prinzip schafft also gute Voraussetzungen. Vollständig gravimetrische Verarbeitung ist ebenfalls weltweiter Standard für Spitzenweine und wird hier
ähnlich wie bei der Bodegas Baigorri architektonisch in Szene gesetzt.
Somit sind schon mal guten Voraussetzungen gegeben. Am Ende ist das Thema aber Lage, Lage und Lage, sowie natürlich das Handwerk der Vinifikation entscheidend. Was die Lage nicht mit bringt kann
am Ende nicht im Wein landen. Wir sind gespannt auf unseren kleinen Test:
Blanc de Giro Negre, 2023 (19€).
Farbe: Schönes klares Blassgold.
Nase: 🍐.
Mund: Weich, komplett säurefrei, im Abgang leicht herb.
Netter, einfacher Giro Ros, aber leider sehr teuer. 8,0.
Gorgollassa, 2023 (18€).
Farbe: Helles Kirschrot.
Nase: Klare Sauerkirsche.
Mund: Sauerkirschsaft. Auch hier kommen wieder spürbare Bitternoten an den Zungenrändern dazu.
Beim zweiten Wein aus autochthonen mallorquinischen Reben fehlt uns in Summe noch etwas Ausdruckskraft. 7,5.
The Artist, 2020 (30€).
Der Artist aus dem Jahr 2020 ist eine Cuvée aus Mantonegro & Syrah.
Farbe: Tiefdunkles Kirschrot.
Nase: Dunkle Beerenaromen, gepaart mit dezenter Kirschnote. Druckvoll.
Mund: Dezente Kirscharomen, volle Pulle Zartbitterschokolade, dezent kräutrig. Extrem druckvoll und das fast ganz ohne das uns immer störende Tannin. Damit stellt dieser Wein einen kompletten
Gegenentwurf zu den oft süß überladenen Apuliern und zu den oft vor Tannin strotzenden Bordeauxweinen dar. Dichte Maskulinität, voll auf die Fresse. Ein perfekter Wein zu jedem Winteressen.
9,6.
Natürlich muss heute Abend noch ein klassisch etablierter Mallorquiner auf den Tisch:
Bodegas Ribas, Sió 2021 (25€).
Nase: Intensiver Beerendruck!
Mund: Es dominiert wie gewohnt das Fruchtpotpourri aus reifen Kirschen und Jo-Beeren, dezente Kräuternote mit mallorquinischem Touch. 9,4.
Insgesamt ist der Sió deutlich femininer als “The Artist”.
Und als wir “The Artist” verkosten, hebt meine Frau ihn gleich über das Bordeaux. Ihr Postulat: vergleichbare Maskulinität, but Tannin free! Let's check that out. Zufällig habe ich im Keller noch einen Bordeaux derselben Preisklasse.
Neipperg, Clos Marsalette, 2009. (EK 28€. Heute für 37€ am Markt)
Nase: Grüne Paprika, schwarzer Pfeffer, hochintensive Kräuternase. Druck ohne Ende!
Mund: Primäre Beerenaromatik completely gone. Stattdessen volle Tertiäraromatik. Dörrobst, Portwein. Maximaler Kräuterdruck. Pilzboden. Tatsächlich hat dieser 15 Jahre alte Wein merkbares, aber
mittlerweile angenehm eingebundenes Tannin. Ein sehr reifer und zugleich sehr runder Wein. Ein absoluter Glücksfall eines Bordeaux, der tatsächlich von der Lagerung in unserem Keller profitiert
hat. Die Geschmackswelt des Clos Marsalette hat sich seit der letzten Probe dieses Jahrgangs im Jahr 2019 kaum verändert. Aufgrund des hohen Alters greifen wir hier nach einer
9,7.
“The Artist” muss sich auf keinen Fall hinter dem Clos Marsalette verstecken. Beide sind eine wahre Freude und bieten ein
großartiges, maskulines Feuerwerk. Während der Clos Marsalette dabei klassisch in Richtung Tabak- / Raucharomatik tendiert, kommt “The Artist” mit jeder Menge Bitterschokolade um die
Ecke!
Es war eine tolle Olympianacht, auch wenn Deutschland sich heute Abend nicht von Platz 12 des Medaillenspiegels vorarbeiten konnte.
Und die heutige Can-Axartell-Probe weckt insbesondere mit seiner ungewöhnlichen Cuvée "The Artist" unsere Neugier.